Im Urlaub in der Bretagne entgeht dem aufmerksamen Beobachter eine Ankündigung bestimmt nicht: Aushänge für das nächste „Fest-noz“. Plakate an Laternenmasten oder Handzettel in Supermärkten weisen zu jeder Jahreszeit auf die geselligen Zusammenkünfte hin, bei denen die Bretonen zu traditionellen Klängen regionale Tänze tanzen.
Das Fest-noz ist eine Institution in der Bretagne, über 1.000 solcher Veranstaltungen finden jährlich in der Finistère, Morbihan, Côtes d’Armor und Ille-et-Vilaine statt. Es sind vor allem die kleineren Orte, an denen das Fest-noz ein wichtiger Ausdruck des kulturellen Lebens ist. Dass diese Tradition etwas ganz Besonderes ist, hat auch die UNESCO anerkannt und das Fest-noz 2012 zu einem immateriellen Weltkulturgut erhoben.
Ob im Sommer oder zu Silvester, ob unter dem freien Sternenhimmel der Bretagne oder in einem Gemeindesaal – ein Fest-noz ist weder an eine spezielle Saison noch an ein bestimmtes Ereignis gebunden. Wichtiger als der Anlass sind die traditionellen Tänze, die den Mittelpunkt eines „Festes der Nacht“ bilden.
Wer sich als Urlauber zu einem Besuch eines Fest-noz entschließt, muss sich den tanzwütigen Bretonen nicht zwingend anschließen. Auf jedem Fest-noz gibt es außerdem Cidre oder bretonisches Bier und Galette mit Würstchen. Von einem der Tische am Rand kann man dann aus sicherer Entfernung zusehen, wie sich die Tänzer stundenlang im Takt der Musik bewegen.
Musik und Tanz auf einem Fest-noz
Drei Arten von Musik erklingen auf einem Fest-noz: A-cappella-Gesang traditioneller Weisen, reine Instrumentalmusik oder begleiteter Gesang. Die wichtigsten Instrumente sind die Bombarde (eine Art Oboe), das Akkordeon und bretonischer Dudelsack (binioù kozh). Klarinette und Violine komplettieren mitunter die Band. Mit „keltisch-mittelalterlich“ lässt sich die Art der Musik am besten grob beschreiben. Es gibt aber auch Abweichungen von den hergebrachten Melodien, etwa wenn die Klassiker mit rockigen oder jazzigen Elementen modern interpretiert werden.
Die Musik bildet den Hintergrund für die Tanz, bei dem die erfahrenen Fest-noz-Gänger den Takt vorgeben. Meist sind dies ältere Damen und Herren, die alle Variationen der Tänze kennen. Sie zeigen welche Formation und welcher Rhythmus der Musik am ehesten angemessen ist. Auf einem Fest-noz können verschiedene Arten von Tänzen getanzt werden. Die beliebtesten sind Abwandlungen der so genannten „Gavotte“, eines Tanzes mit Wurzeln in der Zeit des Barock. Es gibt paarweise Variationen, die meiste Zeit aber sind die Feiernden miteinander in Ketten und Kreisen verbunden. Männer und Frauen fassen sich an den Händen oder Armen und los geht es!
Unterschiede bestehen in der Richtung der Bewegung, der Haltung der Arme und der Länge der Schritte. Je nach dem, in welcher Region der Bretagne das Fest-noz stattfindet, variieren einzelne Elemente der Tänze.
Örtliche Vereine bieten rund um ein Fest-noz Kurse zum Erlernen der Tänze an. In der familiären Atmosphäre eines Fest-noz ist jeder eingeladen, sich dem Tanz anzuschließen. Mit ein wenig Taktgefühl sind die Grundschritte schnell und spontan erlernt. Und so genau schaut niemand hin, im Getümmel eines Fest-noz darf auch mal ein Schritt daneben gehen. Die Begeisterung zählt!
Fotos: Comité Régional du Tourisme de Bretagne | © Yannick Le Gal, © Marc Olivier