Kalvarienberge der Bretagne

Umfriedeter Pfarrbezirk Guimiliau

Kalvarienberg im „enclos“ von Guimiliau

Der Glaube an übermächtige Kräfte spielte in der Bretagne schon immer eine große Rolle. Frühe Zeugen der bretonischen Spiritualität sind die steinzeitlichen Menhire und Dolmen. Später zeichneten die zur christlichen Religion konvertierten Bretonen auf eben diese Hinkelsteine und andere kultische Stätten ihrer Vorfahren Kreuze. Das sollte die endgültige Loslösung vom alten Glauben und die Hinwendung zum Christentum verdeutlichen.

Kalvarienberge vor den Kirchen der Bretagne

Ein paar Jahrhunderte später, zur Zeit der „Bretonischen Renaissance“, erlebte die religiöse Symbolik einen weiteren noch heute sichtbaren Höhepunkt. Ab der Mitte des 15. bis ins 17. Jahrhundert entstanden in der Bretagne zahlreiche Kalvarienberge. Die alten Baumeister errichteten die steinernen Monumente immer in unmittelbarer Umgebung zur dazugehörigen Kirche.




Ein Kalvarienberg symbolisiert den Leidensweg Christi. Mittelpunkt einer „calvaire“ ist das Kreuz mit dem daran geschlagenen Jesus. In den berühmten bretonischen Kalvarienbergen gruppieren sich um das Kreuz je nach Komplexität Engel, Frauen und Soldaten. Christus am Kreuz ist immer nach Westen orientiert, die Jungfrau immer in Richtung Osten, also dem Beginn des Tages.

Eine bretonische Besonderheit

Je nach Entstehungsepoche und Geschick des Handwerkers fallen die Darstellungen aus Granit mehr oder weniger fein aus. Aber es sind gerade die einfachen Figuren, die den Szenen der Evangelien eine packende Schönheit verleihen.

Nur in der Bretagne, und hier hauptsächlich in der Finistère, sind Kalvarienberge in eigens umfriedeten Pfarrbezirken zu finden, den so genannten „enclos“. Durch ein Tor betritt man den „enclos“, zu dem neben dem Kalvarienberg in manchen Fällen auch ein Beinhaus gehört. Das „ossuaire“ enthält die Gebeine von Toten aus der Gemeinde. Ursprünglich entstanden die Beinhäuser aus Platzmangel.

Die berühmtesten bretonischen „calvaire“ stehen in Guéhenno, Guimiliau, Lampaul-Guimiliau, Pleyben, Ploudiry, Plougastel-Daoulas, Plougonven und Saint-Thégonnec. Im Juli und August kann man bestimmte Kalvarien, etwa in Guimilliau mit einer besonderen Beleuchtung erleben. Dabei sind die verschiedenen Figuren in verschiedenen Farben getaucht, was die Faszination bei der Betrachtung noch einmal verstärkt.

 

 

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Fotos: Comité Régional du Tourisme de Bretagne | © Pierre Torset

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